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Explosion in Ritterhude Brand in Ritterhude gelöscht

Der Brand nach der Explosion in dem Entsorgungsbetrieb in Ritterhude ist gelöscht. Ein Mitarbeiter des Entsorgungsunternehmens war schwer verletzt worden.
09.09.2014, 21:27 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Ilse Okken, Harry Laube, Birgit Bruns, Yannick Lowin und Max Polonyi

Nach der Explosion in einem Entsorgungsunternehmen in Ritterhude hat die Feuerwehr den Brand mittlerweile gelöscht. Bei dem Unglück am Dienstagabend wurde ein Mitarbeiter schwer verletzt, ein Feuerwehrmann und ein Anwohner erlitten leichte Verletzungen. Mehrere umliegende Häuser sind einsturzgefährdet, die Anwohner wurden in Notunterkünften untergebracht. Auf der Bahnstrecke von Ritterhude nach Bremen rollen die Züge mittlerweile wieder, allerdings warnt die Bahn vor Verzögerungen.

Nach der Explosion in einem Entsorgungsunternehmen in Ritterhude hat die Feuerwehr den Brand mittlerweile gelöscht. Bei dem Unglück am Dienstagabend wurde ein Mitarbeiter schwer verletzt. "Er hat schwerste Verbrennungen und war nicht ansprechbar", sagte Polizeisprecher Marcus Neumann. Ein Hubschrauber brachte den Mann in eine Klinik. Die Polizei Verden bestätigte nun, dass es sich bei ihm um den vermissten Unternehmensmitarbeiter handelt, der nach Schichtende zu der Fabrik geeilt war, weil das Gebäude einen technischen Alarm ausgelöst hatte. Die Retter gehen davon aus, dass der Mann noch vor den Detonationen in die Fabrik gegangen sein könnte, um dort nach dem Rechten zu sehen.

Zwei weitere Menschen, ein Retter des Deutschen Roten Kreuzes und ein Feuerwehrmann, erlitten leichte Schnittverletzungen. Außerdem brach sich eine Anwohnerin das Bein als sie ihr Haus verlassen wollte.

Mehrere Häuser unbewohnbar

Die Druckwelle der Explosion hatte mehrere Häuser eines angrenzenden Wohngebietes derart stark beschädigt, dass sie einsturzgefährdet sind und somit vorläufig unbewohnbar. Insgesamt 15 Anwohner verbrachten die Nacht im Hamme-Forum, einem Veranstaltungszentrum, das zur Notunterkunft umfunktioniert wurde. Andere Anwohner kamen bei Freunden und Verwandten unter. Die Wasser- und Stromversorgung in Ritterhude ist von der Explosion nicht beeinträchtigt worden. Eine Reihenhaussiedlung in unmittelbarer Nähe zum Brandort soll nach ersten Einschätzungen von Gutachtern vor Ort unbewohnbar sein.

Bahnstrecke gesperrt

Anders die Bahnstrecke Bremen-Ritterhude: Sie wurde von herumfliegenden Gegenstände beschädigt und am Abend gesperrt. Seit dem Morgen läuft der Zugverkehr langsam wieder an - laut Deutscher Bahn ist aber noch mit Verzögerungen zu rechnen. Reisende sollten sich vor der Fahrt auf bahn.de über die aktuelle Lage informieren.

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Sobald der Brand vollständig bekämpft und das Fabrikgelände gesichert ist, können Fachleute der Polizei mit den Ermittlungen zur Brandursache beginnen. Noch findet die Feuerwehr immer neue Glutnester, die sie löschen muss. Bisher ist unklar, wie es zu der Explosion in dem Entsorgungsbetrieb für Wertstoffe kommen konnte.

Noch am Abend hat sich eine Facebook-Gruppe gegründet, die den Betroffenen der Explosion helfen möchte.

Gebäude brannte lichterloh

Beim Eintreffen der Rettungskräfte am Dienstagabend standen die Reste des Gebäudes in der Kiepelbergstraße lichterloh in Flammen. Der Feuerschein war mehr als zehn Kilometer weit zu sehen. Dichte, schwarze Rauchschwaden überdeckten den gesamten Bereich. Erste Berichte, nach denen es sich um die in direkter Nachbarschaft befindliche Firma Bergolin gehandelt haben sollte, bestätigten sich nicht.

Sechs Feuerwehren aus Ritterhude und den umliegenden Orten des Landkreises Osterholz, aber auch die Berufsfeuerwehr aus Bremen bemühten sich, das Feuer schnell unter Kontrolle zu bekommen. Das wurde durch die beständige Explosionsgefahr sowie weitere kleinere Explosionen erschwert. Insgesamt waren 300 Menschen im Einsatz.

Die ungeheure Druckwelle der Explosion war sowohl bis nach Bremen-Nord, als auch bis ins benachbarte Osterholz-Scharmbeck zu spüren. Im Ritterhuder Ortskern wackelten sogar die Wände weit entfernt liegender Ein- und Mehrfamilienhäuser.

Für die Einsatzkräfte aus Bremen gab es Zeugen zufolge bei der Anfahrt ein unerwartetes Hindernis: Die Fahrzeuge konnten den Tunnel unter der Bahnstrecke Bremen-Bremerhaven im Verlauf der Straße an der Untermühle nicht passieren und mussten so einen größeren Umweg zum eigentlichen Einsatzort in Kauf nehmen.


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Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter ODbL

Diskussionen um Nähe zu Wohnsiedlung

Die Explosion ereignete sich in unmittelbarer Nähe zu vielen Wohnhäusern an Kiepelbergstraße, Vielenbruchsweg und der Straße Im Orth. Zahlreiche Anwohner des angrenzenden Wohngebietes hatten sich schon vor Jahren in einer Interessensgemeinschaft gegen Organo Fluid organisiert. Sie klagten über Lärm und Gestank, der von der Verbrennungsanlage der Firma ausgegangen sei. "Bei Organo Fluid werden hochbrennbare und hochgiftige Flüssigkeiten gelagert – mitten in einem Wohngebiet", sagte IG-Aktivist Matthias Erdmann bereits im Jahr 2010 dem Osterholzer Kreisblatt.

Selbst Organo Fluid-Chef Wolfgang Koczott hatte zum damaligen Zeitpunkt bemängelt, dass seine Firma deutlich zu dicht am Wohngebiet gelegen sei. „Die Wohnbebauung hätte niemals so dicht ranwachsen dürfen“, zitierte ihn das Osterholzer Kreisblatt. Er selbst habe sich für eine Umsiedlung der Firma eingesetzt, finanziell sei die aber nicht tragbar gewesen.

Auch direkt nach der Explosion wurden vereinzelt Stimmen bei Facebook laut, die den Standort der Fabrik kritisieren: "Ziemlich unverantwortlich eine solche Firma so ortsnah zu betreiben. Es gibt doch nun wirklich genügend Gewerbegebiete auf dem 'platten Land', schreibt zum Beispiel der Nutzer "Reiner Rod".

Firma verwendet explosive Lösungsmittel

Die Ritterhuder Firma Organo Fluid arbeitet im Sektor der destillativen Rückgewinnung schwieriger Lösemittelmischungen, die teilweise als explosiv eingestuft werden. Darüber hinaus beschäftigt sie sich mit Entwicklung, Bau und Betrieb von Aufarbeitungs- und Rückgewinnungsanlagen.

Die in Ritterhude betriebene Anlage ist nach eigenen Angaben der Firma spezialisiert auf die fachgerechte und vorschriftsmäßige Verwertung und Entsorgung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle. Sie zählt zu den modernsten Anlagen Europas zur Behandlung flüssiger Sonderabfälle.

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